Die Jahreslosung für dieses Jahr lautet: Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen (Johannes 6,37)
Wir haben es alle schon irgendwo erlebt, wir waren nicht willkommen und wurden abgewiesen. Abgewiesen zu werden, ist wahrlich keine gute Erfahrung, insbesondere dann, wenn man eigentlich Hilfe gesucht, Hilfe gebraucht hat. Man fühlt sich abgelehnt und weiß oftmals garnicht warum. Das schmerzt. Gerade jetzt in der Pandemie war es für uns im Kirchenvorstand wichtig, dass niemand zum Gottesdienst abgewiesen wird, deshalb haben wir die Hygieneregeln nicht verschärft, Ungeimpfte nicht ausgeschlossen, so wie es aktuell auch zulässig wäre.
Schwerwiegend ist es, wenn es innerhalb der Familie zu Abweisungen kommt, weil es irgendwo ungelöste zwischenmenschliche Konflikte gibt. Da gilt es, den anderen so anzunehmen wie er ist, offen aufeinander zuzugehen. Dann sind Gespräche notwendig, um wieder zueinander zu kommen, Vorbehalte auszuräumen, den anderen nicht einfach abzuweisen. Das ist besonders jetzt in der Corona-Zeit wichtig, da man oftmals der räumlichen Nähe nicht entfliehen kann und die sozialen Kontakte durch die verschiedensten Maßnahmen zur Hygiene stark eingeschränkt sind.
Leider findet man das Ausgestoßen werden auch in Geschichte und Gegenwart der christlichen Kirche, weil man vermeintlich ethisch nicht angemessen lebt oder seinen Glauben anders formuliert, als es üblich ist, oder andere den Glauben für sich anders auslegen. Manchmal reicht aber auch nur das Aussehen, um nicht willkommen zu sein, abgewiesen zu werden. Es zählen dann keine inneren Werte, nicht der Mensch an sich, sondern wie man sich gibt oder kleidet. Oftmals reichen auch schon Abstammung oder Herkunft, um abgewiesen oder ausgegrenzt zu werden.
Jesus Christus sagt, dass er den nicht abweist, der zu ihm kommt. Interessanterweise gibt er in den Worten zuvor eine plausible Begründung dafür, dass er die Menschen annimmt, die zu ihm kommen: „Alles, was mir mein Vater gibt, das kommt zu mir.“ Er erlebt jeden einzelnen Menschen, der zu ihm kommt, als Gabe Gottes, als Gottesgeschenk. Er bewertet die Menschen nicht nach ihrem Tun oder Denken, sondern er sieht sie mit den Augen Gottes – als Gottes Geschöpfe, die ihm anvertraut sind. Darum weist Jesus keinen ab, darum können wir uns bei ihm willkommen und geborgen fühlen.
Wie aber mag es denen gehen, die sich aus ihrer Heimat aufgemacht haben Krieg, Folter, oder dem zum Teil perspektivlosen täglichen Kampf ums Überleben zu entfliehen. Die sich unter Einsatz ihres Lebens bemühen, nach Europa zu gelangen um dort in christlich orientierten Staaten aufgenommen zu werden. Sie müssen - aktuell im Mittelmeer und and der polnischen Grenze - oft schmerzlich erfahren, abgewiesen zu werden, noch bevor die Prüfung eines rechtlichen Anspruches überhaupt eingeleitet wurde. Ganz abgesehen vom ethisch moralischen Gedankenansatz. Wie können wir dem als bekennende Christen scheinbar so gleichgültig gegenübertreten? Werden wir damit nicht unserem Glauben, unseren eigenen Werten untreu und damit insgesamt unglaubwürdig?
Jesus nimmt uns an und passt auf uns auf, so verheißt uns die Bibel. Das ist eine wunderbare Botschaft für einen jeden von uns, darauf können wir vertrauen. Mögen wir vielleicht von dem einen oder anderen abgewiesen werden, bei Jesus, und damit bei Gott, wird uns das nicht passieren, so besagt es unser christlicher Glaube. Egal, wie gut oder wie schlecht wir uns fühlen, welcher Herkunft wir sind, Jesus nimmt uns an! Mit dieser wunderbaren Zusage steht aber auch die Frage im Raum, wie wir selbst mit Menschen umgehen, die zu uns kommen, zu mir persönlich oder zu uns in die christliche Gemeinschaft. Wie werden wir selbst dieser großartigen Botschaft gerecht? Sind wir tatsächlich bereit die Botschaft, die wir selbst beanspruchen, auch genauso anzuwenden und umzusetzen? Welche Voraussetzungen müssen Menschen erfüllen, um von uns angenommen zu werden? Viele Fragen, die jeder für sich beantworten muss.
Brauchen wir noch eine Begründung andere anzunehmen? Im 1. Buch Moses heißt es: „Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn.“ Gott hat unser Gegenüber zu seinem Ebenbild geschaffen. Das bedeutet: Jedes Mal, wenn ich einem Menschen begegne, schaue ich eigentlich in das Gesicht eines Ebenbildes Gottes. Das bedeutet nicht die körperliche Gleichheit, sondern die menschliche Vernunft. Es ist ein geistiges, moralisches und soziales Ebenbild - unser Verstand. Da ist es angemessen, dem anderen mit Respekt und in Würde zu begegnen, ihn nicht abzuweisen!
Nur wenn wir grundsätzlich unvoreingenommen dazu bereit sind Menschen anzunehmen, so wie sie sind, werden wir unserem christlichen Glauben gerecht! Wenn wir Jesus Botschaft, dem christlichen Gedanken nachfolgen wollen, dann werden wir unsere Herzen und Türen für alle Menschen öffnen – so wie Jesus es tat.
Wenn Menschen sich von uns distanzieren, weil sie nicht dem christlichen Ansatz folgen wollen, dann steht ihnen das frei. Wir alle sollten aber überdenken, wenn Menschen mit uns zusammen in der Gemeinschaft Jesus nachfolgen wollen, wir es ihnen aber verwehren, aus welchen Gründen auch immer. Dem christlichen Gedanken folgend wäre es richtig, die oben aufgezeigte Perspektive Jesu einzunehmen: Jeder Mensch, der zu uns kommt, ist ein Gottesgeschenk! Darum sind unsere Türen und Herzen offen, und wir begegnen und erfahren zusammen Gottes Liebe.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen gute Gedanken, bei Begegnungen mit der Jahreslosung und ein erfolgreiches Jahr 2022, mit Perspektive und Zuversicht!