Sonntag, 29.10.2017, der Gottesdienst mit Abendmahl der Christuskirchengemeinde in der Hl. Kuratie geht dem Ende zu. Pfarrerin Wolfrum bittet die Gottesdienstbesucher nach dem letzten Lied noch sitzen zu bleiben, da sie eine persönliche Erklärung abgeben wolle. Dann folgt der Segen, die Gemeinde singt das letzte Lied. Pfarrerin Wolfrum legt während dessen ihren Talar ab. Am Ende des Liedes tritt Silke Wolfrum vor die Gemeinde und erhebt ihre Stimme. Da setzt die Orgel ein, spielt kräftig - lange - laut, als wüsste sie was nun folgen sollte, als wolle sie noch einmal eine letzte innere Prüfung einfordern. Erste Gottesdienstbesucher wollen schon gehen, wie sie es immer beim letzten Orgelspiel tun, sie werden gebeten zu bleiben.
Nun ist es still, Silke Wolfrum erklärt den Gottesdienstbesuchern, der Kirchengemeinde, dass sie mehr als 40 Jahre spürt, im falschen Körper zu sein, dass sie schon immer als Mann im äußeren Körper einer Frau gelebt hat, dass sie transident sei.
Er erklärt die verschiedenen Situationen, die er durchlebt hat, wie er versucht hat damit umzugehen, aber alles trotzdem irgendwie falsch war. Er habe sich entschlossen eine Geschlechtsanpassung durchzuführen und somit endlich zur Ruhe zu kommen. Endlich der zu sein, der er schon immer gewesen sei. Die Kirchenleitung, den Kirchenvorstand, persönliche Freunde und die Eltern der Konfirmanden hatte er vorher informiert. Er sagte, dass er zukünftig Finn Wolfrum sei, seinen Dienst als Pfarrer in der Kirchengemeinde weiterhin fortsetzt, gerne Pfarrer in Veitshöchheim ist - Stille. Welch eine emotionale Situation. Pfarrer Finn Wolfrum geht Richtung Ausgang, er wird von Freundinnen aufgenommen. Die Gottesdienstbesucher erheben sich spontan und applaudieren, haben die besondere Situation erfasst, die sie gerade erlebt haben, geben Rückhalt.
Vor der Kirche erste Reaktionen, Gespräche. Respekt vor dem Schritt in die Öffentlichkeit - Vertrauen - Betroffenheit - Nachdenklichkeit - Unsicherheit - Verständnis.
Zuhause angekommen erste Reaktion in den Onlinemedien - sachliche Berichterstattung mit Hintergrundinformation in der Mainpost und im Sonntagsblatt. Am Montag, stärkeres Medieninteresse als einige erwartet hatten, Termine mit BR 1, BR-Fernsehen, SAT 1 regional und Radio Charivari. Am Dienstag Bildzeitung. Hinterfragen der Entscheidung, immer wieder neu, Filmsequenzen, Interwies, Stellungnahmen, ausbreiten der Entscheidung und der Gefühle in der Öffentlichkeit. Tribut des öffentlichen Amtes. (Die Medienbeiträge können Sie mit Klick auf dem jeweilgen Namen aufrufen)
Ich persönlich verbinde Kirche mit christlich, sozial, Toleranz und Nächstenliebe. Der Kirchenvorstand steht hinter der Entscheidung von Finn Wolfrum, steht zu seinem - zu unserem Pfarrer. Wir wollen weiterhin vertrauensvoll zusammenarbeiten und die Zukunft der Gemeinde gemeinsam gestalten, für Sie da sein. Seien Sie auch weiterhin an unserer Seite. Ich hoffe, dass auch die Kirchengemeinde hinter ihrem Pfarrer steht und Finn Wolfrum auf seinem Weg zu sich selbst vertrauensvoll begleitet und unterstützt.
Pfarrer Wolfrum fügt hierzu folgende Zeilen an:
Für mich ist dieser Schritt eine riesengroße Erleichterung. Ich muss mich nicht verstecken, kann sein, der ich bin. Endlich. Mit geht es gut, wie nie in meinem Leben, ich komme bei mir an, spüre Frieden. Worte sind im Grund zu klein um zu beschreiben, was ich fühle.
In den vergangenen Wochen und Monaten habe ich neben vielem anderen, viel Zeit mit meiner Seelsorgerin verbracht. Es war und ist für mich wichtig und nötig, mit meinem Leben vor Gott sein zu können. Mich da hinterfragen und bestärken zu lassen, um Segen für mich und mein Leben zu bitten und zugesprochen zu bekommen.
Ich bin erleichtert und dankbar, dass der Kirchenvorstand mir sein Vertrauen ausgesprochen hat, ebenso dass die Landeskirche mich begleitet und unterstützt. Ich lebe und arbeite gern in Veitshöchheim und freue mich darauf, weiter hier sein zu können.
Ihr Pfarrer Finn Wolfrum